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Der kranke Aar

Am dürren Baum, im fetten Wiesengras
Ein Stier behaglich wiederkäut' den Fraß;
Auf niederm Ast ein wunder Adler saß,
Ein kranker Aar mit gebrochnen Schwingen.

"Steig' auf, mein Vogel, in die blaue Luft,
Ich schau dir nach aus meinem Kräuterduft." -
"Weh, weh, umsonst die Sonne ruft
Den kranken Aar mit gebrochnen Schwingen!" -

"O Vogel, warst so stolz und freventlich
Und wolltest keine Fessel ewiglich!" -
"Weh, weh, zu Viele über mich,
Und Adler all, - brachen mir die Schwingen!"

"So flattre in dein Nest, vom Aste fort,
Dein Aechzen schier die Kräuter mir verdorrt." -
"Weh, weh, kein Nest hab' ich hinfort,
Verbannter Aar mit gebrochnen Schwingen!"

"O Vogel, wärst du eine Henne doch,
Dein Nestchen hättest du, im Ofenloch." -
"Weh, weh, viel lieber ein Adler noch,
Viel lieber ein Aar mit gebrochnen Schwingen!"

 

Hier gelangen Sie zum Druck des Gedichts in der Ausgabe 1844.